1.
Mir liegt eine von der EU in Auftrag gegebene Studie vor, welche aus rein organisatorischen Gründen (Zusammenschluss einiger EU- Ressorts; Kommissariat für Gesundheit und Verbraucherpolitik) als unformatierte Vorabinformation veröffentlicht wurde. (Kompl. Veröffentlichung etwa März/April 2015) Hierin wurden die EU- Staaten abgefragt ob Aussagen darüber getroffen werden können wie viele Beschneidungen, ggfls, Raten in einzelnen Länder erfolgen. (Ausgangsjahr 2011, Beurteilungsjahr 2013) Um einige zu nennen: (nur Zuwächse)
Belgien +5,7% // Dänemark +3,1% // Deutschland +6,8% // Frankreich +9,3% // Kroatien +2,4% // Niederlande +4,4% // Schweden +3,7% // Spanien +4,6% // V. Königreich (England) +9,6% (u.a.)
Wenn man EU- Bürger mit Migrationshintergrund berücksichtigt bei denen eine Beschneidung religiös- rituell veranlasst ist, wird deutlich, dass nur etwa 30% ( 27 -33%) aller erfassten Beschneidungen von diesen ethnischen Gruppen durchgeführt werden. Umkehrschluss: Fast 70% der Beschneidungen werden aus anderen als religiös- motivierten Gründen durchgeführt.
(Es ist mir aus Platzgründen nicht möglich, die Gesamte Erhebung hier darzustellen. Zugriff: EU- Parlament ENVI // SANCO)
Allerdings: In Diskussionen über Beschneidungen werden religiös motivierte Beschneidungen permantent hervorgehoben und betont.
2.
Von einigen Intactivisten wird berichtet, dass die Beschneidungen in den USA rückläufig sind. Da ist nur zum Teil richtig. Richtig ist, das neonatale, also Beschneidungen die direkt oder unmittelbar nach der Geburt erfolgen, rückläufig sind. Wenn man genau hinsieht und den Meldungen Glauben schenken darf, nahmen die Beschneidungen im Alter von 3 - 12 Jahren deutlich zu. (Quelle: Johns Hopkins Hospital, Baltimore, Maryland, 08/ 2014 ) Es erfolgt lediglich eine Verschiebung der Beschneidungen in ein späteres Alter. Sieht man weiter, ist dem Bericht zu entnehmen, dass Beschneidungen an schwarzen Männern etwa um 50% höher liegen als an weißen Männern. Sieht man immer noch weiter wird deutlich, dass Beschneidungen an Kindern vorgenommen werden, die eher der sozialen Mittel- und Oberschicht zuzuordnen sind.
Das sagt aber auch, dass trotz der Stimmen von Beschneidungsgegner der Trend zur Beschneidung in den USA nicht rückläufig ist, sondern das Gegenteil zumindest in einer anderen Altersklasse eingetroffen ist. Offensichtlich haben die dortigen Bürger und Bürgerinnen eine Überzeugung angenommen, dass Beschneidungen eben nicht negativ zu bewerten sind, sondern sehen hierin einen gewissen Vorteil und zwar aus eigener (Eltern)Entscheidung heraus.
3.
Es häufig zur anti- Beschneidungsdebatte die Studie von Jakob ØSTER (1968) angeführt. Diese Studie beinhaltet die Feststellung dass 90% der Kinder und Jugendlichen bis zum Alter von 16 Jahren eine zurückziehbare Vorhaut haben. Im Alter von 10 -11 Jahren sind es 44%, im Alter von 11 - 12 Jahren 66% und im Alter von 13 - 14 Jahren 85%.
Davon wird von Beschneidungsgegnern abgeleitet, dass eine Beschneidung nicht erforderlich sei. Es wird auf die natürliche Ablösung der Vorhaut im fortschreitenden Alter verwiesen.
Diese Feststellung kann aber nur dann getroffen werden, wenn man die Pubertät mit all seinen Problemen aber auch mit all seinen Findungen zur eigenen Sexualität komplett ausblendet. Wenn der Penis eines 10- jährigen Jungen erigiert und die Vorhaut geht aus welchen Grunde auch immer (Phimose, Verklebung) nicht zurück, nutzt es diesem Jungen nichts, wenn man ihm vermittelt, dass er unter einer gewissen statistischen Gruppe fällt, und ihn damit tröstet, dass das wahrscheinlich (oder vielleicht) in den nächsten Jahren von selbst in Ordnung ginge. Ob eine Beschneidung erforderlich ist, oder andere vorhauterhaltende Maßnahmen die Wahl der Mittel sind, steht auf einem ganz anderen Blatt.
Die Studie von Jakob ØSTER mag durchaus zutreffend sein, hieraus aber ableiten zu wollen, dass eine Beschneidung (oder andere Maßnahmen) nicht erforderlich sind, ist grundweg falsch.
4.
Es wird (zumindest von einem, Beschneidungsgegner hier im Forum) nachstehender Sachverhalt genannt und vertreten: „Smegma, entgegen dem verbreiteten Vorurteil, ist sauber, heilsam und erfüllt notwendige Funktionen. Es befeuchtet die Eichel und hält sie weich und geschmeidig. Seine antibakteriellen und antiviralen Bestandteile erhalten den Penis gesund und rein.“ (Von Hygiene möchte ich hier erst gar nicht sprechen)
Solche „hochqualifizierten Feststellungen“ sollen vermutlich gegen eine Beschneidung sprechen.
Blicke auf qualifizierte Seiten des Netzes zeigen hingegen, das genau das Gegenteil eintreten kann. Immer wiederkehrende Entzündungen an der Vorhaut und Eichel (Balanitis, Urethritis, Cystitis,) durch Ansiedelung von Mykobakterien (Mycobacterium smegmatis), Harnwegentzündungen, Nierenentzündungen, bis hin zum Peniskarzinom. Dort zu findende Hinweise gehen eindeutig auf eine gewisse durchzuführende Hygiene ein, also auf eine Abwesenheit(!) von Smegma.
Hier eine höchst brisante gesundheitliche Angelegenheit als absolut positiv darzustellen und mit Begriffen wie „Antibakteriell“ und „ Antiviral“ zu bewerben, halte ich schlichtweg für unseriös und höchst gefährlich.
Ich möchte anhand an nur vier Beispielen darstellen, wie in der Beschneidungsdiskussion mit Halbwahrheiten, mit dem Weglassen von Satzelemente und aggressiver Beeinflussung Meinungen hergestellt werden.